Was die Presse so schreibt?!

Virtual Reality

"Virtual Reality" - eine Inszenierung aus dem richtigen Leben" auf der Bühne

Schwelmer Theaterensemble "Scusi?!" brillierte auf der Bühne im Jugenzentrum

 

Schwelm. (ST) Der Adrenalinspiegel steigt, der Puls rast und das Blut kocht. Wem ging es auf einer Behörde noch nicht so, wenn er wieder in ein anderes Zimmer geschickt wurde? Ganz schlimm trifft es den Musiker Frank Otis im Theaterstück "Virtual Reality", das das Ensemble "Scusi?!" im Jugendzentrum inszenierte.

 

 

Eigentlich hätte alles so einfach sein können. Ein kleines Formular, um in der Fußgängerzone Musik zu machen wollte Frank Otis haben. Nicht mehr - nicht weniger. Doch diese Rechnung hatte er ohne die langsamen, aber unaufhörlichen und brutalen Mühlen der Bürokratie gemacht.

 

Was so leicht hätte sein können, gipfelt in einer Groteske. Otis schlingert in einen Sumpf aus sinnlosen Paragraphen, paradoxen Verboten und Vorschriften und einem Wust aus Formularen, die er immer wieder aufs Neue ausfüllen muss. Hinzu gesellt sich eine Reihe von Missverständnissen und Fehlern, die ihn immer tiefer fallen lassen.

 

Da ist zum Beispiel Amtsleiter Geig, der seine gesamte Arbeitszeit dazu aufwendet, die Behindertenparkplätze zu überwachen. Handschriftproben werden genommen, nur um herauszufinden, wer an die Toilettenwand gekritzelt hat. Schließlich wird Frank Otis gesamte Habe konfisziert. Ein Kamm könnte, als Säge benutzt eben eine gefährliche Waffe sein. Und die Sekretärinnen - alle auf ihre Weise streng systemgläubig, wie die Leidensgenossen in den Warteräumen.

 

So steht Frank Otis ziemlich allein einer Welt gegenüber, in der Formulare und Vorschriften mehr zählen, als die Personen, ihre individuellen Fehler.

 

Im vierten Amtszimmer ist er vor der Behörde bereits Afrikaner und bekommt einen Dolmetscher, der mit viel Mitleid und gutem Willen mit Otis zusammen den Asylantrag ausfüllt. Doch Otis kann sich dem System auch nicht wirklich entziehen, braucht er doch seinen Schein; aber Hilfe naht... . Eine bissige Groteske, mit viel Ironie, Wortwitz und versteckten Seitenhieben.

 

"Virtual Reality" von Ramon Pierson, das durchaus Parallelen zu Kafkas "Das Schloss" zulässt, wird dabei wie ein Computerspiel aufgezogen, bei dem Otis´ Punktkonto stetig in den Minusbereich rückt. "Scusi?!" haben mit diesem langen Zweiakter von weit über drei Stunden wieder mal ein tolles Stück und vor allem Routine gefunden. Die schauspielerische Leistung hat sich gesteigert. Vor allem Miriam Brandenburg in der Rolle der vier Sekretärinnen - professionell in den unterschiedlichsten Charaktere "Virtual Reality" ist etwas, das sich kein Fan der Groteske entgehen lassen kann. Im April nächsten Jahres gibt es das nächste Mal die Gelegenheit, sich die tolle Inszenierung des Scusi?!-Ensembles anzusehen.

Quelle: Westfälische Rundschau vom: 27.11.2002




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